Am Freitagabend beginnt wieder die Frauen-Bundesliga, die in Europa als die herausragende Liga im Frauenfußball gesehen wird. Die englische und französische Liga scheinen davon nicht weit entfernt zu sein. Turbine Potsdam ist ein Verein, der im deutschen und europäischen Frauenfußball auf bemerkenswerte Weise Geschichte geschrieben hat. Der Trainer Bernd Schröder, seit 45 Jahren das Gesicht des Vereins, kennt den Frauenfußball mit einer überwältigenden Detailgenauigkeit und Sie können seiner Analyse, die daherkommt wie die eines Chrirurgen, der seine Diagnose präsentiert, ohne Sorgen vertrauen.
Er hat sein Team auf das erste Spiel gegen den Deutschen Meister Bayern München intensiv vorbereitet und stand uns nach dem letzten Vorbereitungsspiel gegen Paris Saint Germain (1-1) für ein Interview zur Verfügung:
Ihre Mannschaft hat eine recht lange Vorbereitung absolviert, Sie haben neun Freundschaftsspiele bestritten und von diesen drei gegen Frauenmannschaften (USV Jena, Praha, Paris Saint Germain). Wo steht das Team heute? Sind Sie gut auf das Spiel gegen Bayern München vorbereitet?
Wir sind ziemlich weit in der Vorbereitung, die nun eigentlich fast beendet ist. Wir haben mit der Vorbereitung bereits am 1. Juli begonnen, 7 Wochen waren das für die meisten Spielerinnen; für die Nationalspielerinnen, die später hinzugekommen sind, war die Vorbereitungszeit entsprechend etwas kürzer, diese Diskrepanz zwischen Nationalspielerinnen und denen, die die Vorbereitung von Anfang an mitmachen konnten, gab es immer schon. Ich denke, wir sind sehr gut vorbereitet.
Wir haben verletzte Spielerinnen (Jennifer Cramer und Johanna Elsig), aber so etwas ist nicht zu planen, wir haben auch angeschlagene Spielerinnen. Ich denke, da haben alle Clubs ähnliche Situationen.
Wir sind besser vorbereitet als im letzten Jahr und ich denke auch, dass wir eine Mannschaft haben, die diese Vorbereitung gut aufgenommen hat und in der Lage ist das umzusetzen, was wir uns vorstellen.
Am Dienstagabend haben Sie gegen den Champions League-Finalisten Paris Saint Germain gespielt, das Spiel endete 1 : 1. Wie sehen Sie das Spiel?
Ich denke, dass es ein Spiel war, das nicht einen so großen freundschaftlichen Charakter hatte. Jeder hat natürlich versucht mit einem guten Ergebnis sich ins rechte Licht zu setzen kurz vor Beginn der Meisterschaft sowohl in Deutschland wie auch in Frankreich. Die Mannschaften haben sich nichts geschenkt. Ich glaube, dass wir bessere Möglichkeiten hatten das Spiel zu gewinnen. Paris hat natürlich eine routinierte Mannschaft, die gut das Spiel im Griff hatte. Wir hätten uns einen Sieg gewünscht, weil wir es vielleicht auch verdient hätten.
Am Freitagabend startet die Frauen-Bundesliga mit dem Spitzenspiel Meister Bayern München gegen Turbine Potsdam. Wie sehen Sie dem Spiel entgegen?
Es ist noch ein bisschen Zeit, es kann immer noch viel passieren, im Training und im Umfeld, aber ich denke, dass wir optimistisch sein können einen gutes Spiel zu machen, es waren immer ganz knappe Spiele zwischen den beiden Mannschaften.
Natürlich ist der FC Bayern mit dem Erfolg der Meisterschaft natürlich ganz anders gestärkt, wir haben uns mit unserem vierten Platz nicht mit Ruhm bekleckert. Wir müssen beweisen, dass wir in diesem Jahr mitreden können um die Meisterschaft. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir gut starten.
Die Situation ist so, dass beide Mannschaften 50 / 50 in die Saison starten, natürlich Bayern mit dem Heimvorteil, aber wir rechnen uns gute Chancen aus.
Welche Teams sehen Sie in der kommenden Bundesligasaison als stärkste Teams und welche vielleicht als Abstiegskandidaten? Wird es ein Überraschungsteam geben?
Ich denke schon, dass die ersten vier in der Tablle der vergangenen Saison die starken Mannschaften in der Liga sein werden und viele Dinge unter sich ausmachen werden. Der FC Bayern München, VFL Wolfsburg, 1. FFC Frankfurt und der 1. FFC Turbine Potsdam haben die Tabelle ja mit einem großen Abstand zu den anderen Vereinen abgeschlossen.
Da ist der SC Freiburg, der sich wesentlich verstärkt hat mit jungen guten Leuten, einem guten Trainer und da ist Essen-Schönebeck, die immer eine gute Mannschaft haben. Schwer wird es Werder Bremen haben, in der Liga zu spielen. Der SC Sand, FC Köln und auch Leverkusen können sicher hier und da mal ein Zeichen setzen, aber unter denen könnte sich der zweite Absteiger befinden. Werder Bremen spielt zum ersten Mal in der Liga, Köln natürlich auch, aber Bremen bringt wahrscheinlich nicht das Potential mit, um zu bestehen.
Der SC Freiburg kann für Überraschungen sorgen. Sie haben viele junge Spielerinnen sich geholt, die haben auch erfahrene Spielerinnen geholt, die auch woanders in der Bundesliga gespielt haben , sie haben U17- und U19-Nationalspielerinnen, sie haben mit Lina Magull eine Spielerin, die ausgeliehen ist von Wolfsburg, die eine sehr gute Mittelfeldspielerin ist. Ich glaube, Freiburg wird ein Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, gegen die Spitzenmannschaften Punkte zu holen. Essen kann das vielleicht auch noch, aber alle anderen haben nicht das Gesamtpotential, um ganz oben mitzuspielen oder ein Zeichen zu setzen.
Sehen Sie von der WM 2015 in Kanada ausgehend einen Impuls für mehr Interesse an der Frauen-Bundesliga und steigende Zuschauerzahlen?
Ich werde immer vor und nach jeder WM nach dem Boom gefragt, der dann irgendwo eintreten sollte. Ich glaube, das ist illusorisch. Wir haben in der Bundesliga, wenn man die Spitzenspiele betrachtet, ein ziemlich hohes Niveau erreicht, was Zuschauerzahlen betrifft.
Sicherlich hätten wir, wenn wir die WM besser beendet hätten, hier und da am Anfang, mehr Euphorie gehabt, vielleicht wären auch ein paar Zuschauer mehr gekommen.
Wir haben generell in der Gesellschaft die Situation, dass wir keine Zuwächse erwarten können, das ist einfach realistisch gesehen. Woher und warum sollten die Zuschauer kommen? Man muss da schon ein Zeichen setzen, wir haben in Kanada nicht das erreicht, was wir gerne hätten, nämlich den Weltmeistertitel. Wir haben natürlich die Olympiade noch vor uns, das ist eine Zielstellung.
Ich denke, dass eher weniger Zuschauer kommen, vielleicht wird bei den Aufsteigern, bei Köln ein neues Publikum kommen. Bei den gestandenen Mannschaften wird es ein bisschen weniger sein.
Turbine Potsdam kann in dieser Saison die Champions Legaue nur von außen beobachten. Wie sehen Sie die Entwicklung der Champions League, wer sind da die Favoriten?
Es ist natürlich immer schade, wenn ein Verband wie der DFB nur zwei Mannschaften für die Champions League stellen kann. Durch die Konstellation, dass der CL-Sieger automatisch teilnehmen kann und der FFC Frankfurt dritter in der Liga geworden ist, können diesmal drei deutsche Mannschaften teilnehmen.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass deutsche Mannschaften immer im Finale waren.
Ma müsste einen Unterschied machen zwischen den großen und den kleinen Verbänden . Man sieht es in Frankreich, die haben zwei starke Mannschaften und dann kommt erstmal nichts, bei uns ist es ein wenig anders. Es bleiben immer Mannschaften auf der Strecke, die nicht Champions League spielen können, weil die Teilnahmezahl begrenzt ist. Für mich sind einfach nicht verständlich Ergebnisse wie 10:0, 12:0, solche Ergebnisse entsprechen nicht dem, was bei dem Namen Champions League erwartet wird.
Wir haben zu viele Mannschaften in der Champions League, die zu schwach sind, um diesen Namen zu rechtfertigen. Ich glaube, durch die hohen Niederlagen wird teilweise das Interesse für diese Spiele nicht mehr vorhanden sein.
Welche Teams werden das Finale erreichen?
Ich glaube schon, dass die deutschen und die französischen Mannschaften die größten Chancen haben. Ich sehe im Moment keine Mannschaften, weder in Schweden, noch in Norwegen oder in Dänemark, geschweige denn eine andere Mannschaft in Europa. Es wird sicher wieder ein Aufeinandertreffen Frankreich – Deutschland sein.
Die besten Spielerinnen Europas oder anderen Teilen der Welt spielen bei diesen Spitzenvereinen, wo andere Vereine kaum eine Chance haben, sich nach vorne zu bewegen. Wenn man sieht, was in Lyon, Paris, Wolfsburg, Frankfurt oder München los ist, dann sind natürlich alle Spielerinen, die der Markt hergibt, da. Wenn sich solche Teams rausbilden, wo nur die besten Spielerinnen spielen und in der Konsequenz das ganze System bestimmen, dann haben andere Mannschaften gar keine Chance sich weiterzuentwickeln. Das ist insgesamt nicht gut für den Frauenfußball.
Man muss überlegen, wie man den Wettbewerb anders gestaltet. Wenn man die Gegner sieht, die der 1. FFC Frankfurt einschließlich Halbfinale hatte, dann muss ich sagen: Wie soll der Zuschauer draußen ein solches Spiel mit dem Wort Champions League verbinden.
Zurück zu Turbine Potsdam: Der Verein war und ist einer der herausragenden Vereine im deutschen und europäischen Frauenfußball, wenn nicht sogar der herausragende Verein. Wird der Verein es auch in Zukunft bleiben in 5, 10, 15 Jahren?
Der Gesamtverein ist sehr gut aufgestellt.
Wir sind zum zehnten Mal deutscher Meister bei den B-Juniorinnen geworden – von 15 möglichen. Wir haben in den letzten zehn Jahren 18 Titel geholt (DFB-Hallencup, DFB-Pokal, Meisterschaft). Da trägt man einen gewissen Anspruch mit sich rum.
Wir haben mit den unterschiedlichen Teams ein hohes Niveau. Wir haben leistungsfähige Teams in der 1. und 2. Bundesliga, bei den B-Juniorinnen wie auch in den Jugendmannschaften.
Wir sind sehr gut aufgestellt, was die Struktur des Vereins betrifft, mit Hauptamtlichen, Athletiktrainer, Physiotherapeuten, mit einer wunderbaren medizinischen Betreuung, mit einem sehr guten Teammanagement, Pressesprecherin usw., alles das ist die Voraussetzung dafür, wie sich der Verein weiter entwickelt. Die sportliche Seite lebt natürlich von diesem Umfeld. Turbine braucht sich keine Gedanken zu machen.
Der vierte Platz war für uns natürlich nicht so, dass man sich freuen kann, weil man ja einen anderen Anspruch hat. Wir haben den Anspruch, vorne zu sein und dazu haben wir – das kommt auch darauf an, wie die Gegner uns sehen – eine gute Ausgangsposition, die wir jetzt nutzen müssen.
Gerd Weidemann ITW et traduction.
William Commegrain lesfeminines.fr